6. Konsensus zu 16 anerkannten und klinisch bewährten Methoden und Untermethoden für die Einsetzung von Corticobasal® Oralimplantaten (Version 1, 2019)

Internationale Implantatstiftung

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6. Konsensus zu 16 anerkannten und klinisch bewährten Methoden und Untermethoden für die Einsetzung von Corticobasal® Oralimplantaten

(Version 1, 2019)

In dem Bestreben, standardisierte Behandlungsmethoden zu definieren, veröffentlicht1 die International Implant Foundation (München/Deutschland) dieses Konsensusdokument zu 16 klinisch erfolgreichen Verankerungstechniken für Corticobasal® orale Implantate. Dieses Konsensusdokument beschreibt nur die bewährten Methoden, ohne eine bestimmte Anzahl von Implantaten pro Kiefer oder Segment zu empfehlen. Es versteht sich jedoch, dass die Anzahl der verwendeten Implantate im Vergleich zu Behandlungsplänen in der herkömmlichen Zahnimplantologie typischerweise höher sein wird, u.a. um dem Wunsch der Patienten nach Sofortbelastung Rechung zu tragen.

Evidenzstärke: S3 (evidenzbasierte, systematisch erarbeitete Konsensrichtlinie).

Andere anwendbare Regeln und Dokumente:

  • Allgemeine Regeln für Behandlungen im Bereich der Traumatologie und orthopädischen Chirurgie2.
  • Indikationen und Behandlungsmodalitäten mit Corticobasal® Kieferimplantaten. IF Konsensus Dokument 2019. Ann Maxillofac Surg 2019; 9: 379-86.

ALLGEMEINE METHODEN

Methoden 1

Methode 1a

Multidirektionales Einsetzen von (einstückigen) Implantaten, wobei die Implantate (soweit möglich) in einem Winkel zueinander (d.h. nicht parallel) eingesetzt werden. Um das Einsetzen von festen Brücken zu ermöglichen, werden folgende Schritte ausgeführt:

  • Die Abutmentköpfe (Abb. 1-2) werden parallelisiert, indem die Schafte der Implantate (Abb. 3, 4, 7, 9, 11, 16b) gebogen werden, um die prothetische Versorgung aufzunehmen. Oder:
  • Winkeladapter (als Zwischenelemente) werden zementiert. Oder:
  • Durch Schleifen der großen Abutmentköpfe wird Parallelität erzeugt.
  • Prothesenkonstruktionen und Implantate werden durch Prothesenschrauben verbunden (für das Multiunit-Design von Corticobasal®-Implantaten, Abb. 1-2).
Methode 1b

Stabilität wird erreicht durch:

  • Obligates Einsetzen von Implantaten in kortikaler Verankerung den strategischen Positionen.
  • Einsetzen zusätzlicher Stützimplantate zur Stabilisierung.
  • Eine vollständige Penetration und Verankerung der kraftübertragenden Gewinde in der 2. und ggf. 3. Kortikalis (d. H. nicht nur in die 1. Kortikalis die in der crestalen Implantologie genutzt wird) ist obligatorisch. Infolgedessen werden sowohl extrusive als auch intrusive Kräfte sicher in den kortikalen Knochen übertragen.
Methode 1c

Verankerung der Implantate in der zweiten und ggf. dritten kortikalen Knochenschicht3, unabhängig vom Alveolarknochen. Resorptionsresistente kortikale Bereiche werden bevorzugt.

Methode 1d

Platzierung von Corticobasal®-Implantaten bei schwerer und aktiver parodontaler Beteiligung. Unter Schutz starker topischer Desinfektionsmittel werden die Zähne und anschließend die parodontal betroffenen Weichteile entfernt. Corticobasal®-Implantate werden sofort eingesetzt und anschließend durch eine starre prothetische Konstruktion geschient4.

Methode 1e

Spongiöse Alveolarknochenbereiche werden zur Verankerung nicht verwendet. Das Erreichen einer „Osseointegration“ ist nicht das primäre Ziel der Behandlung mit dem Corticobasal®-Implantat.

Methode 1f

Fixation von polierten Implantatkörpern aus implantierbarem Material mit dem Ziel der mechanischen Verankerung in kortikalen Knochenbereichen des Oberkieferskeletts. Nachfolgende Schienung durch die prothetische Konstruktion in einem Sofortbelastungsprotokoll.

Methode 1g

Erzeugung von Rotationssicherung für ein Implantat durch das Verbiegen von enossalen bzw. suprakrestalen Implantanteilen (d.h. des Implantatschafts).

Methode 1h

Erreichung von primärer Stabilität durch die Verwendung von enossal/apikalbreiten Implantaten, deren Gewindegänge zusätzliche vertikale Knochenkondensation erzeugen.

ALLGEMEINE METHODEN

Methode 2

Platzierung von Implantaten zwischen den beiden Nn. Mentales (in zahnlosen Unterkiefern) mit oder ohne Verwendung der kaudalen Kortikalis des Unterkiefers. Die Gewinde der Implantate werden in Richtung des Kinns eingeführt, wodurch eine Schädigung des Nervus mentalis nicht erfolgen kann. Typischerweise werden zwei Implantate auf jeder Seite des Unterkiefers eingesetzt (Abb. 2). Nur wenn der Knochen innerhalb des Unterkiefers nicht ausreichend mineralisiert ist und somit keinen Halt bietet, soll die kaudale Kortikalis zur anterioren Verankerung verwendet werden.

Methode 3

Anteriore Verankerung segmentierter Brücken mit Einsetzen von einem oder zwei langen Corticobasal® Implantaten in die Lücke zwischen der Wurzel des Eckzahns und dem Foramen mentale, Abb. 3. Die Gewinde des Implantats erstrecken sich unter der Wurzel des Eckzahns. Das Implantat wird sich bis zur kaudalen Kortikalis des Unterkiefers erstrecken und kann dort verankert werden, wo dies zur Erzielung von Stabilität erforderlich ist.

Methoden 4

Methode 4a

Nerv-Bypass: Endossäre Positionierung des Corticobasal® Implantats im distalen (proximalen) Unterkiefer unter Umgehung des N. alveolaris inferior auf der lingualen oder vestibulären Seite, Abb. 4, jedoch ohne die Implantatspitze in der basalen Kortikalis zu verankern.

Methode 4b

Nervenbypass: Endossäre Positionierung des Corticobasal®-Implantats im distalen (proximalen) Unterkiefer unter Umgehung des N. alveolaris inferior auf der lingualen oder vestibulären Seite, falls erforderlich, Abb. 4, mit Penetration und Retention der Spitze des Implantats in oder durch die Kortikalis.

Methoden 5

Methode 5a

Linguale kortikale Verankerung im distalen Unterkiefer: Implantatinsertion mit Verankerung der lastübertragenden Gewinde im lingualen Knochenunterschnitt unterhalb des Mylohyoidenkamms (wo zutreffend, Abb. 5a-1, 5a-2), um eine wirklich durchdringende Verankerung zu erreichen. Das apikale Gewinde des Implantats muss vollständig in der lingualen Kortikalis verankert sein und kann diese teilweise überragen. Damit liegen die Implantatspizte und ggf. Teile des Gewindes im Raum des Mundbodens. Der N. alveolaris inferior verläuft kaudal zum Implantatkörper. In der Regel werden zwei oder mehr solcher Implantate distal des Nervus mentalis platziert (d. H. Im proximalen, horizontalen Teil des Unterkiefers). Typischerweise ist die Neigung der Köpfe dieser Implantate (vor dem Biegen) in Richtung der vorderen Implantate. Zur Parallelisierung werden die Köpfe dieser Implantate nach proximal gebogen.

Methode 5b

Vestibuläre kortikale Verankerung im distalen Unterkiefer: Implantatinsertion mit Verankerung im vestibulären, proximalen Kortikalknochen als 2. Kortikalis und krestal des N. alveolaris inferior, Abb. 5b.

Methode 5c

Vestibulärer kortikaler Eingriff im distalen Unterkiefer, wobei das Implantat unterhalb des Nervus mandibularis verläuft: Diese Methode wird angewendet, wenn der der N. inf. alveolaris weit krestal liegt, und wenn der distale Unterkiefer breit und hoch genug ist, um diese Art der Platzierung durchzuführen.

Methode 6

Platzierung eines Corticobasal® Implantats mit dem Ziel einer palatinalen/lingualen und vestibulären Unterstützung, die in den Kortex hineinreicht, ohne die zweite kortikale Knochenschicht in vertikaler Richtung zu nutzen, Abb. 6-1. Hauptanwendungsgebiete:

  • Extraktionsalveolen von Unterkiefer- und Oberkieferprämolaren.
  • Unterer und oberer Frontzahn, Abb. 6-2.
  • Tuberbereich des Oberkiefers.

Methoden 7

Methode 7a

Durchdringende Verankerung von Implantaten im kortikalen Nasenboden. Das Implantat wird in vertikaler oder schräger Richtung durch den Oberkiefer-Alveolarknochen eingeführt und dann kortikal verankert. Diese Technik kann das Eindringen in die Schleimhaut des Nasenbodens umfassen, so dass sich die polierte Implantatspitze und schließlich auch ein Teil des Gewindes leicht in den unteren Atemweg erstrecken können. 7a-1 und 7a-2.

Methode 7b

Implantatinsertion auf der palatinalen Seite des stark horizontal atrophierten Alveolarknochens («messerscharfer Kieferkamm») ohne Eindringen in den eigentlichen Alveolarknochen zur Verankerung direkt in den Nasenboden, Abb. 7b-1. Methode 7b ist eine spezielle Form der Anwendung von Methode 7a, Abb. 7a & b. Hauptanwendungsgebiete: Regio 15–25.

Methoden 8

Methode 8a

Verwendung des Kortikalisbodens der Kieferhöhle zur Durchdringung der Implantatverankerung, Abb. 8a. Die Schneidersche Membran kann dabei penetriert werden.

Methode 8b

Verwendung eines intra-sinusalen Septums zur multikortikalen Verankerung eines Corticobasal® Implantats, inkl. das Eindringen von Teilen des Implantatgewindes in den knöchernen Boden der Kieferhöhle, Abb. 8b. Die Schneidersche Membran kann dabei penetriert werden.

Methoden 9

Methode 9a

Umgehung der oberen Eckzahnwurzel: zur Verankerung eines Implantats im kortikalen Nasenboden, wobei der Abutmentkopf im Bereich des ersten oder zweiten Prämolaren positioniert ist und der Schaft des Implantats die Wurzel des Eckzahns auf der palatinalen Seite umgeht, Abb. 9. Die Methode 9 ist ein Sonderfall von Methode 7a oder 7b und kommt zur Anwendung, wenn das Frontsegment (3-3) nicht extrahiert werden soll.

Methode 9b

Umgehung der oberen Eckzahnwurzel: Verankerung eines Implantats in der Raphe mediana des Oberkiefers, wobei der Abutmentkopf im Bereich des ersten oder zweiten Prämolaren positioniert ist und der Schaft des Implantats die Wurzel des Eckzahns palatinal überbrückt. Methode 9a ist ein Sonderfall der Methode 11b.

Methoden 10

Methode 10a

Platzierung des apikalen Gewindes der Implantate in den Kortikalis der Pterygoidplatte des Keilbeins: Die Platzierung kann entweder direkt in die Pterygoidplatte des Keilbeins oder durch den Tuber der Maxilla und/oder durch die Kieferhöhle erfolgen5. In einer optimalen Endposition dringt die Spitze des Implantats in den inneren Pterygoidmuskel ein (zwischen den Flügeln des Pterygoidfortsatzes), wodurch sichere Verankerung gegen Extrusion und Intrusion und ggf. Kompression des haltenden Knochens erreicht werden. Für dieser Methode werden Corticobasal®-Implantate oder -Designs mit Kompressionsgewinden angewendet. Abb. 10.

Methode 10b

Doppel-Tuberopterygoid: In die Fusionszone zwischen distalem Oberkiefer und Keilbein werden zwei parallele oder leicht divergierende Implantate eingesetzt.

Methoden 11

Methode 11a

Verankerung im Knochen auf der palatinalen Seite der Kieferhöhle, ohne Verankerung im Nasenboden oder in der Mittellinie des Oberkiefers, Abb. 11.

Methode 11b

Verankerung des Implantats von lateral in der Mittellinie des Oberkiefers.

Methode 12

Verankerung des Implantats im Körper des Jochbeins, Abb. 12:

  • Mit einem transsinusalen Verfahren6. Oder:
  • Einbringen von kaudal-medial, direkt in den Körper des Jochbeins

Methode 13

Platzierung der Implantate vestibulär zum messerkammscharfen Alveolarkamm im anterioren Unterkiefer. Der typische Implantatdurchmesser beträgt 2,7 mm oder 3,0 mm. Verankerung im Unterkieferboden, Abb. 13. Vertikale Implantatteile verlaufen teilweise subperiostal. Die anteriore kaudale Kortikalis kann ebenfalls für eine solche Art der Implantatverankerung verwendet werden. Es muss jedoch darauf geachtet werden, dass keine Schäden an Blutgefäßen auftreten und dass möglichst eine Strategie zum Erhalt der Mundschleimhaut zur Abdeckung der vertikalen Implantatstreben angewendet wird.

Methode 14

Die Verankerung eines Implantats in der frischen Extraktionsalveole des ersten oder zweiten Prämolaren mit mindestens mesialer und distaler kortikaler Verankerung in der Kortikalis der Alveole, Abb. 14. Die Verwendung der medialen Kortikalis des Unterkiefers verbessert die Verankerung.

Methode 15

Einsetzen eines Implantats mit größerem Durchmesser in die frische Extraktionsalveole der Gaumenwurzel des oberen ersten oder zweiten Molaren, Abb. 15.

Methoden 16

Methode 16a

Einsetzen von zwei Implantaten im Bereich des oberen ersten Prämolaren, wobei ein Implantat palatinal in den Boden der Nasenhöhle eingebracht wird (Canine Root Bypass, Methode 9), während das andere Implantat im Bereich der vestibulären Alveole des ersten Prämolaren eingesetzt wird. Fig. 16a.

Methode 16b

Einsetzen von zwei oder drei Corticobasal®-Implantaten im Bereich des oberen 1. oder 2. Molaren als Alternative zur Verankerung im Bereich des Tuberopterygoid, falls Methode 10 nicht durchführbar ist, Abb. 16b.

Literatur

1 Dobrinin O., Lazarov A, Konstantinovic V.K., et al. Immediate-functional loading concept with one-piece implants (BECES/BECES N /KOS/ BOI) in the mandible and maxilla- a multi-center retrospective clinical study. J. Evolution Med. Dent. Sci. 2019;8(05):306-315, DOI: 10.14260/jemds/2019/67

2 Rüedi u. a., AO-Prinzipien des Frakturmanagements (ISBN 9783131296627), 2008, Georg Thieme Verlag KG

3 Ihde et al. New Systematic Terminology of Cortical Bone Areas for Osseo-Fixated Implants in Strategic Oral Implantology. J J Anatomy. 2016, 1(2): 007.

4 Pałka Ł, Lazarov A. Immediately loaded bicortical implants inserted in fresh extraction and healed sites in patients with and without a history of periodontal disease. Ann Maxillofac Surg 2019;9:371-8.

5 Lazarov A. Immediate functional loading: Results for the concept of the Strategic Implant®. Ann Maxillofac Surg 2019;9:78-88.

6 Lazarov A. Trans- and Intra-Sinus BCS Implants - Clinical Alternative for Advanced Upper Jaw Atrophy. Statistical analysis of complications associated with maxillary sinus; Dental World, Issue February 1, 2018 (in Bulgarian language)

Copyright: International Implant Foundation, Munich, Germany 2018/2019/ 2020.
This version of the consensus document was last reviewed in January 2020.
This consensus document was released by the Members of the Board of the International Implant Foundation/Munich/Germany.